Travel Notes #48: Türkei – Istanbul

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11 Minuten

Titelfoto: Istanbul am Abend.

Byzanz, Konstantinopel oder Istanbul. Die Stadt am Bosporus hat während ihrer ereignisreichen Geschichte schon viele Namen getragen. Die Millionenmetropole hatte auf mich schon immer eine besondere Anziehungskraft. Nicht zuletzt inspiriert durch zahlreiche andere Street Fotografen, wusste ich, dass ich Istanbul irgendwann einen Besuch abstatten muss.

Es ist Zeit die Akkus zu laden.

Eine lange Nacht liegt hinter uns. Gestern noch in Südostasien, heute in Europa. Mit dem Flugzeug hatten wir einen sehr turbulenten, über 13-stündigen Flug und haben nun nach acht Monaten erstmals wieder europäischen Boden unter den Füßen. Es ist jetzt 5:00 Uhr morgens und wir sehnen uns nach einem Bett. Die Unterkunft haben wir schon lange im Voraus gebucht und mit dem Gastgeber abgesprochen, dass wir schon gegen 8:00 Uhr einchecken können. Vor uns liegt nur noch eine etwa 45 minütige Fahrt vom Airport in die Innenstadt und dann noch ein kleiner Fußmarsch. Es sollte also zeitlich alles ganz gut passen.

Wo ist Mehmet?

Um kurz vor 8:00 Uhr erreichen wir dann das Apartment in Beyoğlu und warten auf Mehmet, damit er uns hereinlassen kann. Doch irgendwie taucht niemand auf. Wir warten und warten und warten und können unsere Augen kaum noch offen halten. Dadurch, dass die Türkei nicht zur EU gehört und somit auch kein kostenloses Datenroaming möglich ist, haben wir auch keine Möglichkeit, den Gastgeber zu kontaktieren. Die Zeit vergeht und wir sitzen hier schon gut eine Stunde auf dem Gehweg und hoffen, dass er endlich auftaucht.

Verkaufsstände in einer Seitengasse in Beyoğlu.

Nachdem weiterhin nichts passiert machen wir uns abwechselnd auf die Suche nach einem Laden, der geöffnet hat und dessen WIFI wir eventuell benutzen können, um Mehmet zu kontaktieren. Irgendwann finde ich ein kleines Frühstückslokal und netterweise, lässt mich der Mann sein Internet benutzen. Ich kontaktiere Mehmet über Airbnb und hoffe, dass er schnell antwortet, denn Melina sitzt ein paar Straßen weiter und ich habe keine Möglichkeit, sie zu kontaktieren.

Es vergeht noch eine ganze Weile, bis der Kontakt zu Mehmet endlich hergestellt ist und dabei stellt sich heraus, dass Airbnb durch die Übersetzung von Deutsch in Türkisch ein klitzekleines, für uns aber fatales Detail verdreht hat. Aus der Anfrage, ob wir morgens um 8:00 Uhr einchecken können, hat der Übersetzer ins Türkische „abends 20:00 Uhr“ gemacht und so dachte Mehmet die ganze Zeit, dass wir erst gegen Abend ankommen.

Da das Apartment noch von anderen Gästen bewohnt ist, müssen wir nun noch ein paar Stunden mit samt unseren Backpacks totschlagen. Ich hole Melina ab und wir setzen uns zum Frühstück erstmal in das Lokal, wo ich zuvor schon das Internet nutzen durfte. Nach der kleinen Mahlzeit mit Gemüse, Pommes und Brot machen wir uns auf den Weg zur berühmten Istiklal Straße, die nur einen kurzen Weg von uns entfernt liegt.

Pommes zum Frühstück. Daran könnte ich mich gewöhnen.

Doch so richtig glücklich werden wir hier erstmal nicht. Wir sind todmüde und Sitzmöglichkeiten gibt es in der Straße nicht. Wir sitzen auf Stufen vor den Läden so lange diese noch geschlossen sind und suchen immer wieder nach freiem WLAN vor den Shops. Das stellt sich allerdings als relativ schwierig dar, da alle Internetzugänge Passwortgeschützt sind und man sich erst mit einer türkischen Handynummer registrieren muss, die wir ja bekanntlich nicht haben.

Die berühmte nostalgische Straßenbahn in der Istiklal Straße.

Irgendwann sitzen wir in einem Laden, dessen Spezialität der Schafskopfsalat ist. Eine Delikatesse in der Türkei, an die wir uns aber bis zuletzt nicht herantrauen. Wir belassen es bei einem frischen Becher Ayran und können hier zumindest das WLAN benutzen und auf die Nachricht von Mehmet warten, dass das Apartment endlich bezugsfertig ist. Gegen 12:30 Uhr ist es schließlich soweit und wir können nach unzähligen Stunden auf den Beinen endlich in die Wohnung und den Schlaf nachholen, den wir in der Nacht nicht bekommen haben. Erschwerend kommt hier auch noch der Jetleg hinzu.

Obwohl Istanbul zu einer der pulsierendsten Metropolen auf dem europäischen Kontinent gehört, haben wir Glück mit der Wohnung, denn diese liegt in einer kleinen Straße, durch die keine Autos passen und auch ansonsten ist hier sehr wenig Durchgangsverkehr. So haben wir mit der Wohnung den perfekten Gegenpol und Rückzugsort, um die Reizüberflutungen der Stadt in Ruhe zu verarbeiten. Um in die Stadtteile wie Fatih, Eminönü, Üsküdar, Kadiköy und andere zu kommen, müssen wir zwar täglich einige Kilometer zu Fuß zurücklegen, aber das stört uns nicht weiter.

In den Gassen Beyoğlus geht es eher gelassen zu.
Istanbul wird aufgrund der vielen Katzen auch als „City of Cats“ bezeichnet.
Gutes Essen findet man fast in jeder Straße.

Eher macht uns der Jetleg zu schaffen, der uns immer mal wieder für einen Tag in die Knie zwingt und wir quasi zum Ausruhen verdammt sind. Gut, dass wir für Istanbul 10 Tage eingeplant haben. So können wir unser Programm ein wenig entzerren und sind nicht dazu gezwungen, jeden Tag auf Achse zu sein.

Street Photography in Istanbul

Nachdem wir die Zeit vor Istanbul in Südostasien verbrachten, muss ich mich erst einmal ein wenig an die „europäischen“ Gegebenheiten gewöhnen. Die Street Photography fällt mir in den ersten Tagen nicht ganz so leicht, wie beispielsweise in Jakarta, unserer letzten Station vor unserer Weiterreise nach Istanbul. Die Menschen reagieren in Istanbul anders und eher distanziert auf meine Kamera und ich muss mich nach langer Zeit wieder damit auseinander setzen, dass die Menschen es nicht immer mögen, fotografiert zu werden.

Haartransplantationen sind hier sehr beliebt. Wir sehen ständig Menschen mit einem Verband.

Während die Angler auf der Galata Brücke es teilweise genießen, bei ihrer Arbeit fotografiert zu werden, treffe ich auf einige Menschen, die meine Bitten um ein Foto dankend ablehnen, was in Südostasien so gut wie nie vorkam.

Die Basare Mısır Çarşısı und Kapalı Çarşı

Wenn du in Istanbul bist, sollte ein Besuch der Basare nicht fehlen. Beim Einkaufen auf den Märkten ist jedoch Vorsicht geboten, denn die Preise sind hier gerne Mal etwas überzogen. Aber auch ohne etwas zu kaufen, gibt es auf dem Ägyptischen Basar (Mısır Çarşısı) einiges zu sehen. Überall buhlen die Händler um die Kunden und um diese in ihre Läden zu locken, lassen sie die Leute gerne kostenlos Köstlichkeiten wie Lokum, Schokolade oder Baklava probieren. Die Kunst besteht nur darin, irgendwie wieder rauszukommen, ohne dass du dir Kiloweise Süßigkeiten aufbrummen lässt. Das klappt bei uns aber überraschend gut, auch wenn wir bei einem Händler sämtliche Teesorten riechen müssen, bevor er uns wieder gehen lässt.

Da würde man am Liebsten direkt zugreifen.

Ein weiterer Basar ist der Kapalı Çarşı, der große Basar. Hier gibt es nicht nur Delikatessen, sondern auch alles andere, wie Teppiche, Kleidung, Schmuck und vieles mehr. Hier sind die Verkäufer überraschender Weise nicht sonderlich aufdringlich und man kann fast ungestört durch den gigantischen, 31.000 m² großen Basar schlendern. Etwa 4000 Händler finden in den, im 15. Jahrhundert erbauten, historischen Hallen mit ihren Waren einen Platz. Vielleicht liegt es daran, dass wir am Nachmittag hier sind, aber so richtig viel Leben ist nicht in der Bude und so verlassen wir den Basar nach rund 30 Minuten bereits wieder und machen uns auf den Weg zurück an den Bosporus.

Rundfahrt auf dem Bosporus

Für ein paar Euro machen wir eine Rundfahrt auf dem Bosporus. Vom Wasser aus werden einem die unglaublichen Dimensionen Istanbuls noch einmal ganz anders bewusst. Wir fahren etwa eine Stunde flussaufwärts und eine Stunde wieder abwärts und die gesamte Zeit guckst du auf die bebaute Küste. Keine Ahnung, wie lange man bräuchte, um Istanbul komplett zu erkunden. Es würde wohl Monate oder Jahre dauern.

Der Leanderturm ist ein Leuchtturm aus dem 18. Jahrhundert und liegt etwa 180 Meter vor Üsküdar.

Unterkunftswechsel in Istanbul

Gerne hätten wir den Aufenthalt bei Mehmet verlängert, denn die Wohnung hat alles, was man braucht, einen Bäcker in der Nähe und die Lage ist wie schon erwähnt, perfekt. Aber wie so oft, wenn wir verlängern möchten, ist die Unterkunft leider schon ausgebucht und so müssen wir innerhalb der Stadt umziehen. Wir sind, was Unterkünfte angeht, relativ anspruchslos. Ein ordentliches Bett und ein eigenes Bad sind eigentlich die einzigen Wünsche, die wir haben.

Es ist nicht ganz leicht, etwas bezahlbares im Stadtkern zu finden. Nach etwas Recherche fällt unsere Wahl auf eine Unterkunft, die sogar noch näher an der Istiklal Straße liegt und die auch noch ganz ordentliche Bewertungen hat. Die Wahl des Zimmers stellt sich leider als Reinfall heraus, denn die Betten sind so dermaßen durchgelegen, dass wir beim Liegen die Federn im Rücken spüren. Vermutlich wäre es ohne Matratze einfach auf dem Boden weniger schmerzhaft gewesen. Bis dato die unbequemsten Betten auf unserer bisherigen Reise. Dazu kommen noch defekte Scharniere der Schranktüren und wir müssen aufpassen, dass wir das Mobiliar nicht komplett in der Hand haben, wenn wir eine Tür öffnen. Naja, die paar Tage müssen wir da jetzt durch.

Durchgelegen ist gar kein Ausdruck.

Unserem Entdeckungsdrang tut das keinen Abbruch und so erkunden wir weiterhin die Stadt, wobei wir uns ein wenig durch die türkische Küche probieren. Sei es bei einem typischen Frühstück, einem Fischbrötchen am Bosporus oder einem herzhaften Iskender Teller im Restaurant. Ich möchte auf keinen Fall über die asiatische Küche herziehen, wir lieben sie, aber nachdem man Monate lang gefühlt immer zwischen Nudeln oder Reis wählen musste, ist die türkische Küche für uns zur Zeit eine sehr willkommene Abwechslung. Durch unsere türkisch stämmige Freundin Meral bekommen wir auch den einen oder anderen Geheimtipp und können gar nicht so viel Essen und Trinken, wie sie uns empfiehlt.

Die Istiklal Straße ist jeden Tag gut gefüllt.
In der Nähe der Unterkunft gibt es wenigstens ein günstiges Lokal mit traditionellen Gerichten. In diesem Fall Iskender Döner.
Ein typisch türkisches Frühstück – Serpme Kahvalti.

Sightseeing in Istanbul

Selbstverständlich darf bei uns dieses Mal ein wenig Sightseeing in der Stadt nicht fehlen und wir haben Glück, dass die von uns gewählten Attraktionen zu unserer Besuchszeit nicht so überlaufen sind. Das wohl bekannteste Bauwerk ist die Hagia Sophia, die einst die mächtigste Kirche des frühen Christentums war. Nachdem sie viele Jahre lang als Museum gedient hat, kann die Hagia Sophia jetzt als Moschee besichtigt werden. Doch uns persönlich hat die Sultanahmet Moschee, auch als blaue Moschee bekannt, noch viel besser gefallen. Sie hat eine tolle Komposition aus Kuppeln und Halbkuppeln und hat uns auch von innen sehr beeindruckt.

Die Hagia Sophia ist schon von außen mehr als beeindruckend.
Die Kuppel der blauen Moschee.

Ebenso haben wir das Viertel Balat im Stadtteil Fatih besucht. Balat ist vor allem für seine farbenfrohen Häuser, seine vielfältige Kultur und seine reiche Geschichte bekannt. Es ist voller schmaler Gassen, charmanter Cafés, aber mittlerweile auch super touristisch. Hier steht auch die Kirche von St. Maria der Mongolen. Sie wurde im frühen 13. Jahrhundert während des Byzantinischen Reiches erbaut und später in eine Moschee umgewandelt.
Wir schlendern durch die Gassen bis zur Kirche und entscheiden uns dann, noch weiter in die höher gelegenen Seitenstraßen zu gehen.

Nach ca. 10 Minuten sind wir in einer komplett anderen Welt angekommen. Hier ist kein Tourist zu sehen, die Straßen sind voll, die Frauen sind alle vollständig verschleiert, die Männer tragen Gewänder und Kopfbedeckungen und alles wirkt streng muslimisch und traditionell. Schon verrückt, welche Kontraste wir hier innerhalb von wenigen Metern erleben. Da wir in Shorts unterwegs sind, entscheiden wir uns, diese Straße relativ schnell wieder zu verlassen, um die Gegebenheiten zu respektieren, auch wenn es hier super interessant aussieht.

Istanbul hat noch eine ganze Menge weiterer touristischer Attraktionen zu bieten, die in der Regel auch immer sehr gut besucht sind, wodurch sich lange Warteschlangen bilden. Wir haben uns bewusst nur ein paar der Highlights rausgesucht und uns lieber wieder in Viertel und Gassen begeben, die nicht sehr häufig von Touristen besucht werden, um so erneut einen Einblick in das alltägliche Leben zu erhalten.

Zusammengefasst haben wir eine tolle und aufregende Zeit in Istanbul verbracht und die Stadt hat unsere Erwartungen sogar übertroffen. Einen Besuch können wir nur empfehlen und ich hoffe, dass wir in Zukunft noch einmal in diese pulsierende Stadt eintauchen können.

Während unseres Aufenthalts in Istanbul sind logischerweise auch einige Fotos entstanden. Ein kleines Best of meiner Street Fotos habe ich in einem Zine (einem Online Magazin, PDF) zusammengefasst. Wenn du Interesse daran hast, kannst du dir ein Exemplar für 3,99€ über das Kontaktformular bestellen.

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