Titelfoto: Ein Baum in den unendlichen Weiten des Donau Deltas.
Mit dem Nachtbus geht es für uns von Istanbul weiter ins nächste Land – Rumänien. Doch bevor es auf die lange Reise geht, essen wir noch einen wirklich schlechten Dürüm im Busbahnhof. Schade für die sonst so leckere türkische Küche. Aber das macht den Abschied aus dieser tollen Stadt vielleicht etwas leichter.
Wenig später finden wir uns in einem großen Reisebus wieder und haben freie Platzwahl, denn außer uns sind noch ganze 4 andere Gäste am Start. Dass sie bei so wenig Personen und solch einer Strecke nicht auf einen ihrer Kleinbusse zurückgreifen wundert uns, aber vermutlich sind für die Rückfahrt einfach mehr Plätze gebucht. So geht es für uns super luxuriös mit viel Platz los in Richtung Rumänien. Mit steigender Fahrtzeit wird es immer besser und die Crew versorgt uns immer mal wieder mit kostenlosen Getränken und Snacks. Sowas haben wir nun wirklich nicht erwartet.


Die Ausreise aus der Türkei ist wieder ruckzuck erledigt, die Einreise in Bulgarien zieht sich allerdings etwas hin. Hier sind die Grenzkontrollen besonders streng und wir müssen sogar alle unser Gepäck aus dem Bus holen und öffnen, schlimmer als beim Flughafen. Wie gut, dass wir nur so eine kleine Gruppe sind. Der Bus wird mehrfach von verschiedenen Beamten abgesucht und abschließend noch einmal einem gesamten Scan unterzogen. Währenddessen müssen wir draußen warten und keiner von uns ist darauf vorbereitet. Es ist unfassbar kalt und wir frieren uns den Allerwertesten ab.
Nach einer guten Stunde ist dann alles freigegeben und wir setzen unsere Fahrt fort. Zu unserer großen Verwunderung bekommen wir dieses Mal sogar ein paar Stunden Schlaf im Bus und wachen passend zur nächsten Grenzkontrolle wieder auf. Diese ist völlig entspannt, sodass das Erste, was wir von Rumänien sehen ein wundervoller Sonnenaufgang ist.
Der Bus bringt uns bis zu unserem ersten Stopp – Konstanza, wo wir uns bei einer Familie in einer süßen Holzunterkunft einmieten.
KONSTANZA
Schon bei unserer Fahrt vom Busbahnhof zur Unterkunft wird deutlich, hier in der Stadt tut sich etwas. Überall sind ganze Straßen aufgerissen, die Fußwege komplett neu asphaltiert, Baustellen über Baustellen wohin das Auge reicht. Wir haben das Gefühl, dass die Regierung im Lotto gewonnen haben muss, um alles auf einmal sanieren und restaurieren zu können. Doch unsere Gastgeberin berichtet, dass die Stadt das Geld einzig und allein von den Bürgerinnen und Bürgern nimmt und völlig unkoordiniert alles auf einmal aufreißt. Nicht eine Baustelle nach der anderen, sondern alles zeitgleich und den Bewohnern wird dabei häufig ohne Ankündigung für mehrere Tage das Wasser abgedreht und das in einer beachtlichen Häufigkeit. Die Stimmung in der Bevölkerung ist alles andere als gut und es gibt wenig Verständnis für das Handeln der Gemeinde. Die Familie selbst hat sich sogar extra einen Reserve-Wassertank zugelegt, um den Gästen immer einen Wasserzugang zu ermöglichen, krass.


Konstanza ist über 2.000 Jahre alt, liegt direkt am Schwarzen Meer und verfügt somit auch über einen Hafen sowie den ein oder anderen Strand, welchen wir natürlich besuchen. Zum Baden ist uns das Wasser allerdings viel zu kalt, wir sind wohl noch die asiatischen Temperaturen gewöhnt. Außerdem gibt es eine wirklich nette Altstadt und viele Kirchen, Moscheen und Kathedralen anzusehen. Die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit ist das Casino direkt am Meer. Doch wie könnte es zu dieser Zeit anders sein, ist auch dieses vollständig eingerüstet. Nichtsdestotrotz sind die gemütlichen Gassen und historischen Bauwerke einen Besuch der Stadt wert und stellen für uns einen angenehmen Einstieg in ein neues Land dar.





Tulcea und das Donau Delta
Wenn wir schon einmal in der Region sind, müssen wir definitiv auch das Donau Delta, das zweitgrößte Delta Europas, besuchen. Gesagt, getan.
Als Ausgangspunkt dient uns die Stadt Tulcea, welche wir nach einer 4-stündigen, ziemlich heißen, Zugfahrt erreichen. Die Luft im Einzelwaggon ist vergleichbar mit einer Turnhalle voll Menschen im Sommer bei 35 Grad, ohne jeglichen Luftzug. Gefühlt befinden wir uns in einer fahrenden Sauna mit etlichen Alkoholikern.

Die Entfernung zwischen Konstanza und Tulcea beträgt gerade einmal 125 km, warum der Zug so lang braucht, wird uns aber schnell bewusst. In Rumänien wird kein Geld in die Züge und Strecken investiert und so hoppeln wir mehr oder weniger im Schneckentempo über die Gleise. Rechts und links sehen wir nur flaches Land mit vielen Feldern und hier und da blitzen mal eine Kirche oder Windkrafträder hervor ehe wir einen Schäfer mit seiner Schafsherde entdecken. Erinnert uns eher an eine Kaffeefahrt. Wir sind froh, als uns das Straßenschild noch 30 km bis zum Ziel anzeigt, wobei wir mit dem Zug tatsächlich für dieses kleine Stück eine weitere Stunde benötigen. Dennoch völlig im Zeitplan erreichen wir gegen Abend Tulcea.



Nachdem wir am ersten Tag die kleine Stadt an der Donau zu Fuß erkunden und am Abend einen tollen Sonnenuntergang am Ufer erleben, buchen wir für den zweiten Tag eine der berühmten Donau Delta Exkursionen. Da diese Touren natürlich total touristisch sind, bemühen wir uns, wenigstens bei einem kleinen Anbieter und einer kleinen Gruppe zu buchen. Praktischerweise hat unser Gastgeber einen passenden Kontakt und der Abfahrtsort ist ca. 3 Minuten von der Unterkunft entfernt – perfekt.
Um 8:45 Uhr erreichen wir das Pier und der Rest unserer Gruppe ist auch schon da, sodass wir pünktlich um 9:00 Uhr starten.

Wir beginnen im Kanal 36, welcher etwa 10 m breit ist und schon eine tolle Flora bietet. Wir sind teilweise nur noch 2 km von der ukrainischen Grenze entfernt. Ehrlich gesagt schon ein komisches Gefühl, wir sitzen hier in einem Boot und machen einen tollen Ausflug und nur wenige Kilometer weiter fürchten Menschen um ihr Leben. Dieses Bewusstsein macht einen natürlich nachdenklich und trotzdem versuchen wir unseren Ausflug weiterhin zu genießen.

Wir entdecken verschiedene Gänsearten, Enten, Reiher und Kormorane. In diesem Delta sind über 5.000 Tier – und Pflanzenarten präsent und über unseren Köpfen fliegt sogar ein Weißkopfseeadler. Es dauert nicht lange bis wir mit unserem Boot in weitere Seitenarme, teils vor lauter Gräsern wenig ersichtlich, einbiegen. Kaum zu glauben, dass dahinter plötzlich wieder das Gewässer sehr breit ist, quasi wie ein See. Hier bekommen wir tatsächlich zu sehen, was wir uns erhofft haben – jede Menge weiße Pelikane, ein toller Anblick. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass einige weitere Pelikane auf der Fahrt folgen werden.


Nach diesem ersten Highlight geht es weiter zum Vacaru See, vorbei an Schwänen und weiteren anderen Vogelarten. Angekommen am See sehen wir nichts als Seerosen, weiße und gelbe, teils verschlossen, teils am Blühen. Nach 10 Minuten verweilen geht es auch schon weiter, denn wir haben noch ein straffes Programm vor uns.


Unser nächster Stopp ist das kleine Fischerdorf Mila 23, welches sich auf dem alten Arm der Donau befindet. Hier haben wir nach 3 Stunden Fahrzeit das erste Mal wieder festen Boden unter den Füßen und machen einen kleinen Spaziergang durch das Dorf, welches aus vielen traditionellen, sehr gepflegten Häusern besteht. Dieser Ort ist nur übers Wasser erreichbar und von Kanälen, Seen und Röhricht umgeben. Hier leben hauptsächlich die Fischer mit ihren Familien, überwiegend Lipowaner. Doch auch in dieser kleinen Idylle hat der Tourismus durch die Touren Einzug gehalten. So findet man die ein oder andere Pension und natürlich auch Restaurants und sogar eine hippe Bar. Trotzdem hat dieser gemütliche Ort einen tollen Charme und unser kurzer Aufenthalt wird mit einer traditionellen Tanzshow abgerundet.





Weiter geht es mit einer sehr kurvigen Fahrt durch den Eracle-Kanal bis wir weitere Seen, unter Anderem den Matita- und den Merhei-See besuchen. Immer wieder benutzen wir plötzliche Abzweigungen, die für uns als Laien durch das ganze Schilf so gut wie gar nicht ersichtlich sind. Hier und da sind die Kanäle und Seitenarme sogar so schmal, dass das Schilf unsere Arme streichelt.


So langsam aber sicher machen sich unsere Mägen bemerkbar und wir freuen uns, dass wir gegen 13:00 Uhr das nächste Dorf, Letea, erreichen. Hier haben wir uns zu einem traditionellen Essen angemeldet. Doch ganz so schnell wird es keinen Happen geben. Am Ufer des Dorfes angekommen geht es erst einmal mit einer kurzen, wirklich gefährlichen Kutschfahrt über Stock und Stein zum Restaurant.


Dort angekommen sitzen bereits einige andere Gruppen am Tisch und genießen ihr Essen. Unsere Gruppe wartet und wartet und wartet. Der Grund dafür ist ein kleiner Teil unserer Gruppe, welcher sich für den Waldbesuch mit angeblichen Wildpferden in dem Ort entschieden hat. Wir hatten vorher davon gelesen, und uns stattdessen lieber für das traditionelle Essen entschieden. Dass wir am Ende sowieso auf die Ausflügler warten müssen, wurde leider zu keiner Zeit kommuniziert. 1,5 Stunden später sitzen aber auch wir endlich am Tisch und genießen das traditionelle Fischmenü mit einem Glas Wein. Obwohl wir nach wie vor keine Meerestier-Liebhaber sind, schmeckt der Fisch gut. Durch die verlorene Zeit werden uns allerdings einige versprochene Leistungen nicht mehr zur Verfügung gestellt und unsere Gruppe wurde irgendwie allein gelassen, schade.


Gut gestärkt geht unsere Fahrt weiter und nach wenigen Metern sehen wir vom Wasser aus einige Wildpferde, leider aber auch ein totes Pferd direkt im Wasser. Das ist wohl der Lauf des Lebens.

Nach einer weiteren halben Stunde erreichen wir dann das Ende der Donau, den Punkt, wo die Donau ins Schwarze Meer mündet und die See natürlich sofort etwas rauer wird. Wir drehen eine kleine Runde und fahren anschließend auf dem Sulina-Arm in Richtung Strand. Auf dem Weg verreckt dann plötzlich unser Motor und wir können kein Gas mehr geben, genau hier, wo die Wasserbewegungen am Stärksten sind. Na spitze. Sowieso sind wir mittlerweile eigentlich an unserem Aufnahme-Limit angekommen und freuen uns, dass wir auf dem Rückweg sind. Ein paar Telefonate später und ab und zu Mal Gas gegeben, kommen wir zumindest bis zum Sulina Beach, wo wir eine kurze Zeit am Strand verbringen und die Füße abkühlen. Wir gehen davon aus, dass wir hier in ein anderes Boot umsteigen müssen und tatsächlich wird zumindest ein Teil unserer Gruppe auf ein anderes Boot verfrachtet. Wir sollen mit dem angeschlagenen Boot weiter fahren. Sie werden schon wissen, was sie tun.


Erst einmal geht alles gut und wir fahren eine gute halbe Stunde Richtung Heimat, dann müssen wir plötzlich umdrehen und einen Teil unserer Leute wieder vom anderen Boot abholen, da dieses überladen ist. So zögert sich die Heimkehr noch einige Stunden hinaus und wir kommen am Ende total geschafft nach über 12 Stunden in der Hitze auf dem Wasser mit wenigen Pausen wieder in Tulcea an.


Ein Tag im Donau Delta ist natürlich viel zu kurz. Wenn man das Gebiet ausgiebig erkunden möchte, reichen vermutlich nicht einmal Monate, da es super viel zu entdecken gibt. Für einen ersten Einblick war es aber eine wirklich tolle Tagestour mit einer atemberaubenden Flora und Fauna.
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