Titelfoto: Heiße Tage in Bukarest. Frauen mit Fächern sind ein weit verbreitetes Bild in der Stadt.
Nachdem die letzte holprige Zugfahrt nicht ganz so angenehm war, erkundigen wir uns nach anderen Möglichkeiten, um von Tulcea nach Bukarest zu kommen. Letztendlich werden wir auf einem Portal für Mitfahrgelegenheiten fündig und buchen eine Autofahrt mit Mihai.
Pünktlich in Tulcea gestartet, wird unser Vorurteil, dass die Rumänen chaotische Autofahrer sind, bestätigt. Verkehrsregeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen werden ignoriert und auch Ortschaften, die ein Tempo von 50 haben, durchbrettern wir mit mindestens 130 km/h. Auf den Landstraßen sind wir eher so mit 160 km/h unterwegs und überholen auch gerne Mal vor oder in den Kurven. Kein Wunder also, dass wir Bukarest schon nach 3,5 Stunden Fahrtzeit erreichen.
Mihai schmeißt uns an einer Metro Station heraus und wir fahren die restlichen 40 Minuten mit der Metro bis zum Unirii Platz. Dieser Vereinigungsplatz ist einer der größten in Bukarest und ist von vielen Springbrunnen umgeben. Was uns persönlich nach unserer Zeit in Asien und Istanbul allerdings sofort auffällt, ist die Ähnlichkeit zu deutschen Bahnhofsvorplätzen. Wir sehen viele bettelnde, pöbelnde oder betrunkene Menschen und generell herrscht hier eine unangenehme Stimmung, sodass wir froh sind, dass die Unterkunft nur noch einen 15 Minuten Fußweg entfernt liegt.

Wir haben eine kleine Wohnung in einem Altbau gemietet. Eine kleine Küche, eine Stube mit Schlafcouch und knatschendem Fußboden ist für die nächsten Tage unser Heim. Nicht unbedingt luxuriös, aber immerhin in der Nähe des Stadtkerns.
Die Altstadt von Bukarest
Unseren ersten Gang durch die Hauptstadt Rumäniens widmen wir der Altstadt, welche etwas ungewöhnlich wirkt. Auf der einen Seite gibt es viele hübsche, restaurierte Altbauten in verschiedenen Stilen, auf der anderen Seite stehen Plattenbauten und wieder etwas weiter findet man den ein oder anderen Wolkenkratzer.


Der Kern der historischen Altstadt ist aber wirklich sehenswert, einziges Manko daran: Es gibt unfassbar viele Cafés und Restaurants und vor jedem, wirklich jedem Laden werden wir angequatscht. Wir verstehen, dass die Menschen vom Tourismus abhängig sind, aber uns persönlich geht das Ganze spätestens nach dem zehnten „Do you wanna eat or drink something?“ ziemlich auf den Sack. Außerdem wirkt die Stadt etwas komisch strukturiert, denn zwischen den vielen Restaurants befinden sich fast ebenso viele Nachtbars, wodurch die Altstadt ein bisschen den Charme eines Rotlichtviertels versprüht.





Generell sind während unserer Ausflüge durch die Straßen Bukarests wenig Menschen unterwegs, was vermutlich auch an der Hitze liegt. Wir haben hier teilweise schon morgens über 30 Grad und im Laufe des Tages eher an die 40 Grad, sodass auch wir eine Stufe runterfahren.



Dennoch schauen wir uns weitere Sehenswürdigkeiten in der Stadt an. Zu diesen gehört unter anderem auch der Platz der Revolution, welcher an das Ende der totalitären Diktatur in Rumänien erinnert. Mehr als 1.000 Menschen starben während der Revolution gegen den Diktator Ceaușescu und seine Frau, welche sich ein Regime nach dem Vorbild von Stalin und Nordkorea aufgebaut haben. Schon die kleinsten Bemerkungen reichten für eine Inhaftierung in ein Arbeitslager aus und bis heute kennt man keine genauen Zahlen hinsichtlich der Opfer.

Um den Platz herum liegen weitere historische Gebäude wie das rumänisches Athenäum, das einen Konzertsaal beinhaltet oder auch das heutige Nationalmuseum für Kunst, welches früher der Königspalast von Rumänien war.

Street Photography in Bukarest

Zwischendurch besuchen wir noch schnell eine kleine Streetfoto-Ausstellung, auf die wir durch das Internet aufmerksam geworden sind. Nachdem ich mir ein wenig Inspiration durch die lokalen Street Fotografen geholt habe, begebe ich mich selbst auf die Suche nach ein paar Motiven in verschiedenen Vierteln der Stadt.






Europas größtes Gebäude
Wir schließen unsere Tour mit dem absoluten Highlight der Stadt ab – dem Parlamentspalast. Dieser ist ebenfalls ein Werk des oben angesprochenen Diktators. Bevor der Bau losgehen konnte, mussten Ende 1970 sogar rund 40.000 Wohnungen, über 20 Kirchen und einige Synagogen abgerissen werden. Während die Einwohner von Rumänien stundenlang in der Schlange für Essen anstehen mussten, gab Ceaușescu 40 % des Staatshaushalts für den Palast aus. Die Fertigstellung des protzigen Baus erlebte er allerdings nicht mehr, da er ebenso wie seine Frau während der Revolution hingerichtet wurde. Aus Zeitgründen haben wir das Gebäude, eines der größten der Welt, allerdings nur von außen angeschaut. Es beherbergt über 5.000 Räume, 20 km lange Tunnel, unterirdische Stockwerke mit einem Atomschutzbunker, etliche Salons und etwa 3.500 Tonnen verbautes Kristallglas. Wirklich unvorstellbare Dimensionen.

Als wir abends völlig erschöpft zurück in der Wohnung sind und versuchen zu entspannen, vibrieren plötzlich unsere Handys und es folgen schrille Alarmtöne, die nicht mehr aufhören. Wir schrecken hoch und finden auf den Displays eine Nachricht über hereinbrechendes Unwetter. In Rumänien haben sie schon das Warnsystem, dass alle Handys, die sich in den betroffenen Gebieten befinden, die BewohnerInnen alarmieren. Keine 10 Minuten später geht die Welt vor der Tür unter und es dauert auch nicht lang, bis es bei uns in der Wohnung durch die Decke regnet. Also Handtücher und Töpfe geschnappt und alles so gut es geht auffangen und aufwischen. Nach 30 Minuten hat der Spuk allerdings schon wieder ein Ende und wir können beruhigt schlafen ohne Angst haben zu müssen, dass morgens die Wohnung überschwemmt ist.
Wir verlassen Bukarest mit gemischten Gefühlen. So richtig warm sind wir mit der Stadt nicht geworden, obwohl sie hier und da zweifelsohne ein paar schöne Ecken vorweisen kann. Wenn man in der Nähe ist, kann man die Stadt für 1-3 Tage besuchen, dennoch gibt es unserer Meinung nach interessantere Ziele in Rumänien. Eines davon besuchen wir im nächsten Blog-Artikel.
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